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Grundlagen der Piratenbewegung

(noch in Bearbeitung auf unser PAD -- aktuelle link finden Sie in der entsprechende Ticket #1998)

Vorwort zur Version 1.0

Dieser Text ist in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Policy der Piratenpartei Schweiz entstanden. Es ist somit eine Gemeinschaftsarbeit, auf die niemand alleinige Urheberschaft beanspruchen kann. Dies besonders, weil dieser Text nicht im stillen Kämmerlein gestallt annahme. Den Überlegungen dieser Erörterung liegen lange Diskussionen mit Piraten, Sympathisanten und Interessierten an einer neuen politischen Ausrichtung zugrunde. Jeder, der lange Diskussionen kennt, weiss, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, wo man nicht mehr sicher ist, ob man noch die eigene Meinung vertritt oder schon überzeugt wurde. Das ist nicht schlecht, im Gegenteil. Es zeigt, dass man zu neuen Einsichten fähig ist, dass die Diskussion sich entwickelt und irgenwann hoffentlich zu einem Konsens führt. Dieser Text ist das Ergebnis vieler Gespräche, aber hoffentlich auch der Anstoss für weit eine längere und unfassendere Diskussion der Grundlagen der Piratenbewegung.
Michael Gregr, Zürich: 18. Februar 2012

ps: In der zweiten Hälfte des Textes fehlen noch einige Gedanken.

Einleitung

Die Idee dieses Textes ist es in einigen wenigen Punkten die Philosophie der Piratenbewegung darzulegen, damit daraus ein politischer Kompass einerseits abgeleitet und andererseits begründet werden kann. Es geht hier somit um die Kernideen, aus welchen die politischen Positionen der Piratenpartei abgeleitet werden. Dass dieses Dokument nie zu einem letztgültigen Abschluss gebracht werden kann, genau so wie die hier dargelegten Gedanken nicht die alleingültige Wahrheit darstellen, ist eine der Grundannahmen. Es ist also mehr als Prozess zu verstehen, in welchem ein politisches Gebäude errichtet wird. Man stelle sich einen antiken Tempel vor, der aus drei Elementen aufgebaut ist: Fundament, Säulen und Dach.

Das Fundament ist im Boden verankert, die Säulen tragen die Konstruktion und das Dach schützt vor der Witterung. Diese bildliche Erklärung unserer Baustelle soll dem Verständnis dienen, wie die verschiedenen Papiere (Grundlagenpapiere, Themenpapiere und Positionspapiere) aufeinander aufbauen.
Das Fundament in unserem politischen Gebäude sind die Grundlagen, die wir Piraten teilen.Wir haben eine gemeinsame Sicht auf die Dinge. In der Politik sind das meist abstrakte Konzepte, die mehr intuitiv eingesehen als logisch dargelegt werden können. Das ist teilweise eine Frage der Generationen. Wer in einer Welt der digitalen Kommunikationsmittel aufgewachsen ist, nimmt andere Strukturen wahr, als jemand aus der analogen Zeit. Am einfachsten ist es an W. E. Hill's Doppelbild der alten und jungen Frau (Abb. 2) zu erklären. Ein und das selbe Bild zeigt zugleich eine alte Frau und ein junge Frau. Es gibt Menschen, die sehen im Bild nur die junge Frau und halten alle für verrückt, die etwas anderes sehen. Die eigene Sicht wird für absolut gehalten, weil es ja nur das eine Bild gibt. Aus der Einheit des Bildes wird auf eine Eindeutigkeit der Interpretation fehl geschlossen. Erst wenn innerlich zugelassen wird, das es verschiedene Sichtweisen gibt, können beide Bilder gesehen werden. Man schaltet dann zwischen alter und junger Frau hin und her, sieht jedoch immer nur ein Bild. Es ist nicht möglich beide Bilder zugleich zu sehen. Ähnlich verhält es sich mit der Sichtweise der digitalen Generation auf die Politik. Viele Aussagen und Forderungen der Piratenbewegung sind nur aus der Sichtweise einer Generation zu verstehen, die mit digitalen Kommunikationsmitteln aufgewachsen ist. Damit soll nicht gesagt werden, dass nur die Digital Natives1 verstehen können, was hier dargelegt wird. Alle können es nachvollziehen, sofern sie fähig sind ihre Sichtweise zu ändern. Weil die Piraten als politische Bewegung diese Sichtweise weitgehend teilen, ist es die Grundlage aller ihrer politischen Konzepte. Aber auch diese Grundlagen sind einem Wandel unterworfen, jedoch haben sie einen nachhaltigen Geltungsanspruch. Genau so wie die analoge Gesellschaft sich zur digitalen Gesellschaft wandelt, wird sich auch diese in eine nächste Form entwickeln. Niemand weiss, wie sie aussehen wird, aber sie wird auf den Ideen aufbauen, die wir heute entwickeln, genau so wie wir weiterdenken, was vor uns gedacht wurde.
Die Säulen sind politische Themen und Ziele, die auf den Grundlagen aufbauen und sie in Form allgemeiner Programme strukturieren. Themenfelder wie Bildungspolitik, Digitalpolitik, Staatswesen, Wirtschaftspolitik etc. werden gesellschaftlich gesetzt und aus den Grundlagen heraus mit Konzepten gefüllt. Dabei ist die Wahrnehmung von politischen Themen und Ziele verschiedensten Einflüssen unterworfen. Themenfelder können ihren Umfang ändern oder es können neue Themenfelder entstehen, wie es die Digitalpolitik getan hat. Ziele sollen zum Ausdruck bringen, wohin wir mit unserer Politik wollen.

Wie die Themen strukturiert werden ist an sich schon eine politische Aussage. Versteht man z.B. Bildung als kulturell-humanistisches Projekt oder als wirtschaftliche Entwicklung? Aus den Grundlagen der Piratenbewegung soll sich eine Ordnung der politischen Themen ergeben, die bestimmt unter welchen Aspekten nach Lösungen für politische Probleme gesucht wird.
Das Dach unseres politischen Gebäudes sind Positionen zu Sachfragen. Sie bauen auf Themen auf und stellen konkrete Lösungsansätze zu aktuellen Problemen vor. Positionen sind dem grössten Aktualitätsdruck unterworfen, denn unvorhersehbare Ereignisse machen bisherige Lösungsansätze unbrauchbar und häufig zwingt eine Analyse der Situation zum Überdenken der eigenen Position. Gerade als politische Partei muss es möglich sein auf die Tagesaktualität zu reagieren. Stellungnahmen von Exonenten der Piratenbewegung müssen sich auf Positionspapiere abstützen können, da es ein Teil unseres Selbstverständnisses ist, dass Meinungen gegen aussen nur vertreten werden, wenn sie einen internen Beschlussfassungsprozess durchlaufen haben. Für das politische Tagesgeschäft sind also Positionspapiere von zentrales Bedeutung. Bisher gab es das Dilemma entweder zu Sachthemen keine offizielle Meinung zu haben oder eine Position als persönliche Ansicht der jeweiligen Exponentin vertreten. Beides ist sehr unbefriedigend, da im ersten Fall zu 90% der Sachfragen keine Antwort gegeben wird und in letzterem in der öffentlichen Wahrnehmung kein Unterschied zwischen Meinung eines einzelnen und der Position der Partei gemacht wird. Es ist die basisdemokratische Grundhaltung der Piratenbewegung, die mit den Mechanismen eines Mediensystems kollidiert, das zwischen Einzelem und Kollektiv nicht unterscheidet. Die Medien sind auf Personalisierung angewiesen, also einen Exponenten oder eine Exponentin als quasi Prototyp aller übrigen darzustellen. Deshalb auch der viel geäusserte Vorwurf, die Piratenbewegung hätte nicht genügend Köpfe. Mit aktuellen Positionspapieren, die in Themenbereichen strukturiert und in Grundlagen fundiert sind, werden VertreterInnen der Piratenberwegung abgesegnete Inhalte zur Verfügung gestellt, mit denen sie sich profilieren und personalisieren können.
Dieser Text nun befasst sich ausschliesslich mit der Ausarbeitung der Grundlagen der Piratenbewegung, verzichtet also bewusst auf Themen- und Zielsetzung oder politische Aktualität. Es soll hier nicht darum gehen eine Atomkraftdebatte zu führen oder eine Lösung für den Fluglärmstreit zu finden. Die Ausführungen dieses Textes sollen Begründung und Argumentation für eine zukünftige Atomkraftdebatte und die Lösung des Fluglärmstreites etc. sein, also die Frage beantworten, warum Positionen vertreten werden, die eben vertreten werden. Aus diesem Grund ist dieser Text auch nicht an Wählerinnen und Wähler gerichtet, es ist kein politisches Programm. Diese Grundlagen richten sich an Mitglieder dieser neuen Piratenbewegung, um sich grundlegender Überzeugungen zu vergewissern, und natürlich an Interessierte, die wissen wollen, was die Piraten im Kern bewegt. Politikwissenschaftler, Journalisten und Experten aller Art müssen mit diesem Text zur Kenntnis nehmen, dass die Piraten keine Interessenpolitik betreiben, bei der es nur um legales Filesharing und Killerspiele geht. Die Piratenpartei nimmt Positionen aus Überzeugung ein.
Die Grundlagen der Piratenbewegung umfassen acht Aspekte2, welche das Verhältnis des Menschen in der Gesellschaft, im Wandel der Informationallen Revolution, in Bezug auf Natur und Technik nachhaltig verändern. Wir befinden uns nicht am Ende der Geschichte3 und politische Ideen haben nicht den Abschluss ihrer Entwicklung erreicht. Die rasenden Veränderungen in der Technik lassen keinen Lebensbereich unberührt und so ist es eine unausweichliche Folge, dass die Massstäbe sich verändern, mit denen wir die Welt messen.
Wir erklären uns die Welt mit den Dingen des täglichen Gebrauchs:

Fax ist ein gewöhnlicher Brief, der wie mit Rohrpost, nur elektrisch, durch ein Telefonkabel übertragen wird.
E-Mail ist ein gewöhnliches Fax, das wie mit Telefonkabeln, nur digital, durch das Internet übertragen wird.
Telepathie ist ein gewöhnliches E-Mail, das wie mit Internet, nur quatiert, durch den Subraum übertragen wird.

Dieses sich laufend verändernde Verständnis für die Dinge, beschränkt sich nicht auf Fax und E-Mail, auch die Begrifflichkeit unseres Denkens sind davon beeinflusst. Arbeit, Politik, Kultur, Geschlecht, Kunst, Glück und viele weitere Kategorien unserer Weltbetrachtung haben sich in den letzten 200 Jahren massiv verändert und wie es weiter geht, ist nicht abzusehen.

Information ist der erste Aspekt, unter welchem die Philosophie der Piratenbewegung die Welt wahrnimmt. Der Physikalismus (ontologische Materialismus)4 ist in der Politik des beginnenden 21. Jahrhunderts Paradigma. Jedoch zeigt sich, dass viele politische Probleme die materialistische Sicht sprengen. Digitalpolitik ist unsere Antwort auf die Unmöglichkeit mit materialistischen Ansätzen zu politisieren. Die Bedeutung von Information in der Politik bedarf der theoretischen Fundierung.

Wie wir den Mensch, also uns selber verstehen, ist ein zweite Aspekt. Der Mensch ist sicher nach wie vor ein Individuum, aber das Mass seiner Vernetzung im digitalen Zeitalter, die schier unendlichen Möglichkeiten des Austausches an Informationen und Meinungen, gibt dem Menschen eine neue Dimension. Ideen können sich immer schneller verbreiten, verändern und verändert werden, dass sie kaum mehr individuell zuordenbar sind. Man stellt sich bald die Frage, ob es noch die eigenen Gedanken sind, oder man nur auf den Schultern von Giganten steht.5

Wenn der Mensch das physische Individuum ist, dann ist die Gesellschaft, als dritter Aspekt, ein Netzwerk der Kommunikation.Der Zusammenhalt einer Gesellschaft ist so stark wie der Austausch der Information. Teil eines Kommunikationsnetztes zu sein, bedeute mithören und gehört werden zu können. Wenn Teile von Gesellschaften aufhören sich auszutauschen, entstehen Subnetzwerke oder anders ausgedrück Paralellgesellschaften.
Der Gegensatz Natur-Kultur, als vierter Aspekt, muss grundlegend hinterfragt werden, weil damit menschliches schaffen grundsätzlich als Zerstörung von Natürlichkeit verstanden wird. Der Mensch ist aber ein Ergenis einer natürlichen Entwicklung und ihm darf seine Natürlichkeit nicht abgesprochen werden. Technik ist die zweite Natur des Menschen.

Ausgehend von den Idealen der Aufklärung herrscht in der Piratenbewegung ein Selbstverständnis der Rationalität als fünfer Aspekt. Der politische Diskurs muss auf rationalen Argumenten basieren, damit Verständigung möglich ist. Die Politik ist keine Sammlung letztgültigen Wissens, sondern ein fortwährender Prozess der offenen Kommunikation und selbstkritischer Auseinandersetzung

Der sechste Aspekt ist die stete Veränderung, nichts ist von dauer. Der Mensch muss sich nicht nur seiner Sterblichkeit, sondern auch der Vergänglichkeit seines Schaffens bewusst sein. Die Einsicht in die stete Veränderung bedeutet, dass es keine politische Überzeugung mit universellem Anspruch geben kann. Kein Gesetz, kein Gebäude, kein Kunstwerk und keine Idee ist für die Ewigkeit geschaffen.

Effizienz ist der siebte Aspekt der Grundwerte der Piratenbewegung und beschäftigt sich mit der Entwicklungsform aller Teilbereiche der Gesellschaft. In Abgrenzung zur Maxime des Wachstums, wird in der Effizienzsteigerung der wirkliche Fortschritt gesehen. Grössere Komplexität und ein höheres Energieniveau sind Merkmale einer Qualitätssteigerung, wohingegen Wachstum sich vorwiegend auf Quantität richtet.

Der achte Aspekt ist die Widersprüchlichkeit menschlicher, ja grundsätzlicher Existenz. Es ist ein Wesensmerkmal des Menschen sich und die Welt widerspruchsfrei erklären zu wollen. Aber Anspruch und Wahrnehmung klaffen auseinander, weder Universum noch der Mensch selber sind widerspruchsfrei. Die politischen Grundwerte der Piratenbewegung müssen diese grundsätzliche Widersprüchlichkeit aufnehmen. Es gibt nicht die eine Wahrheit, die alle übrigen Meinungen widerlegen kann, im Gegenteil es gibt nur viele Ansichten, die sich gegenseitig ausschliessen, aber dennoch ihre subjektive Wahrheit.
Dieser Text erklärt die acht Aspekte der Grundlagen der Piratenbewegung indem zunächst ein Slogan präsentiert wird. Damit wird versucht die Kernidee in einem kurzen Satz zusammenzufassen. Diese Aussage ist prima Vista nicht selbsterklärend, kann sie nicht sein. Aber die moderne Massenkommunikationsgesellschaft ist auf prägnante Aussagen angewiesen, die in 10 bis 15 Sekunden Häppchen Medien tauglich portioniert werden kann. Häufig hören man von PR-Experten, die Piratenbewegung müsse Fähig sein ihre Anliegen in einem Satz zusammenzufassen und zugleich so verständlich zu formulieren, dass kein Wissen vorausgesetzt werden muss, um es zu verstehen. Auch wenn sich dieser Text nicht an ein Massenpublikum richtet, sind die einleitenden Slogans eine Konzession an diese Forderung. Es gibt die Notwendigkeit die Ideen auf den Punkt zu bringen, dennoch muss auch Platz für Erklärungen sein. Denn was PR-Experten vielleicht vergessen, es gibt kein Verstehen ohne Wissen und Kenntnisse des Kontextes. Es ist also nicht möglich a priori verständlich zu sein. Neue politische Ideen sind definitionsgemäss zu Beginn für die meisten Menschen unverständlich. Es ist nicht zu erwarten, dass mit einem Satz die Kernidee erklärt werden kann und alle, die ihn hören, wie mit einem Zauberstab berührt, die Probleme dieser Welt einsehen. Wer die Piratenbewegung verstehen will, muss sich also Zeit nehmen für eine Auseinandersetzung, die niemals mit diesem oder irgendeinem Text abgeschlossen werden kann. Die Diskussion ist noch am entstehen, sie hat, so ist zu hoffen, ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Die Argumentation und die verschiedenen Blickwinkel, aus denen die acht Grundlagenpunkte der Piratenbewegung betrachtet werden, sind nicht umfassend. Die Arbeit an den Grundlagen hat erst begonnen.

Grundlagen der Piratenbewegung

Information

Die Gesellschaft befindet sich in einem Wandel von materieller zu informationeller Realität.

Alle politischen Ideen der Piratenbewegung drehen sich in irgend einem Aspekt um Information. Information wird damit zu einem Kernbegriff des politischen Denkens der Piraten und wahrscheinlich des 21. Jahrhunderts überhaupt. Das alte Sprichwort "Wissen ist Macht" hat massiv an Bedeutung gewonnen, denn Information ist zum entscheidenden Machtfaktor geworden. Digitalpolitik ist die Antwort auf die Problematik mit materialistischen Ansätzen zu politisieren. Digital heisst ja nicht 1 oder 0, oder binär, sondern es ist die "diskret" Eigenschaft gemeint. Information kann verlustfrei gespeichert und übertragen werden, was nichts anderes als eine revolutionär neue Form des Vervielfältigens von Informationen ist. Das Kopieren in einem digitalen Umfeld bedeutet im Idealfall dass es keinen quantitativen Verlust bei der Vorlage und keinen qualitativen bei der Kopie gibt. In der analogen Welt verliert eine Vorlage an Wert, je öfter sie verarbeitet wird. Die Leisten eines Schusters oder die Lettern eines Druckers verbrauchen sich und müssen mit der Zeit ersetzt werden. Je öfter ein analoges Tonband kopiert wird, desto schlechter wird die Qualität. Dieser Zerfall ist der Eigenschaft der Entropie6 in den physischen Dingen geschuldet. Die Möglichkeit eine Information vom Trägermedium zu trennen, bedeutet dass die Entropie nicht mehr direkt auf die Information wirkt. Es gehorcht dem Informationserhaltungssatz, solange es nicht in ein Scharzes Loch fällt7. Das macht die Übertragung von Information so effizient und ist die Basis der heutigen Informationsgesellschaft.
Es ist schwierig sich Information losgelöst von einem Trägermedium vorzustellen, weil es nahe liegt sich physische Dinge vorzustellen. Aber mit Information ist kein physischer Gegenstand gemeint, auch wenn Information immer einen physischen Träger braucht. Information ist also eine Struktur in den physischen Dingen. Ob Information nur ein Attribut ist, oder vielleicht den physischen Dingen voraus geht, ist umstritten. Zumindest muss akzeptiert werden, dass moderne Geräte der Informationsverarbeitung nach Theorien funktionieren, die mit der Newtonschen Physik nicht vereinbar sind.8
Nicht nur Technologien können unter dem Aspekt der Information betrachtet werden. Die Politik als zentrales Regelsetzungssystem einer Gesellschaft ist nichts anderes als eine komplexe Verarbeitung von Information mit dem Ziel allgemein verbindliche Regeln zu produzieren. Sowohl der Input ist Information, also die artikulierten Problem, Wünsche, Forderungen und Interessen von Einzelnen und Gruppen, wie auch der Output in Form von Gesetzen und Verordnungen einerseits und der gelebten Transparenz und Offenheit der politischen Prozesse zur Legitimierung der durchzusetzenden Regeln andererseits. Aber auch die moderne Wirtschaft ist überwiegend mit Information beschäftigt. Zwar ist immer noch die Zurverfügungstellung von Gütern die Kernaufgabe, wobei auf Nahrungsmittel, Kleidung, Unterkunft und Güter des täglichen Bedarfs nie wird verzichten können. Doch Dienstleistungen in allen Bereichen der Informationsverarbeitung bilden einen überwältigenden Anteil der Wertschöpfung. Jede Form von Mark dient der Verarbeitung von Information und ermittelt die zentrale Kennziffer der Wirtschaft, den Preis. Selbst Geld ist nichts anderes als Information, ein Zahl auf Papier oder in den Kreisläufen elektronischer Datenverarbeitung. Geld hat längst den Bezug zur materiellen Realität verloren. Viel mehr werden materielle Güter durch die Mechanismen informationeller Realität dominiert. Ein Beispiel dafür ist die Finanzbranche, deren ganzes Geschäftsfeld mit der Digitalisierung in die Virtualität elektronischer Datenverarbeitung verschoben wurde. Sie hat als Dienstleistung die Aufgabe der Kapitalsicherung der Realwirtschaft, damit effizient investiert und der Warenkreislauf aufrecht erhalten werden kann.
Doch längst die Finanzbranche der bestimmende Faktor der ökonomischen Entwicklung. Immobilienkrise, Dotcom-Blase und Schuldenkrise sind alles Erschütterungen der Wirtschaft ausgehend von einer Nachfragekrise virtueller Finanzprodukte. Dies soll an dieser Stelle nicht als Kritik an der Finanzbranche verstanden werden, sondern nur der Einsicht dienen, dass Krisen des jungen 21. Jahrhunderts nicht aus den Bereichen materieller Realwirtschaft hervorgehen, dafür ist sie nicht mehr wichtig genug. Wir leben in Zeiten, in denen ökonomische Krisen nicht mehr durch die Knappheit von materiellen Gütern ausgelöst werden, sondern durch Unfähigkeit die Nachfrage zu koordinieren. Bei Hungersnöten gibt es zu wenig Essen für zu viele Hungrige, aber die geistigen Hungersnöte des 21. Jahrhunderts sind mit einem Überfluss an materiellen Gütern konfrontiert, weil Information für die Wirtschaft wichtiger geworden ist als die materielle Produktion selbst. Dies ist ein Beispiel, dass Wirtschaft unter dem Aspekt der Information neu gedacht werden kann.
Die Verlagerung von materieller Realität zu informationeller Realität zieht sich durch alle Teilsysteme der Gesellschaft. In Politik und Ökonomie ist sie evident. Die Digitalisierung ermöglicht neue Formen der politischen Teilhabe genauso wie neue ökonomische Branchen entstehen, die nun die jeweiligen Systeme zu dominieren beginnen. Aber auch in Kunst und Kultur, Bildung, Soziales, Wissenschaft, Religion, Sport usw. verändert die Digitalisierung die bisherige Ordnung.
In der Kunst führt die Möglichkeit der Trennung der künstlerischen Schöpfung von einem Trägermedium zu einem fundamentalen Wandel. Bis anhin konnten Gemälde nur in einem Museum, Musik nur in einem Konzert, Stücke nur in einem Theater genossen werden. Kunst war immer an einen Träger gebunden und die Übertragung auf ein anderes Medium war sehr aufwendig. Damit war es an ein Milieu gebunden und geradezu Inbegriff sozialer Distinktion. Um die Ouvertüre 1812 von Tschaikowskis hören zu können, waren ein komplettes Symphonieorchester inklusive Glocken und Kanonen notwendig. Entsprechend war es ein exklusives Ereignis und von hohem Erlebniswert. Wer sich die Eintrittskarte nicht leisten konnte, gehörte nicht dazu. Dennoch ist es nicht der Anspruch von Kunst, von ihr auszuschliessen. Es ist nicht bessere Kunst, je exklusiver sie ist. Ein Live-Konzert ist nicht mehr Kunst als eine Aufzeichnung, genau so wie eine Vinyl-Schallplatte nicht mehr Kunst ist als eine CD. Aber mit der Digitalisierung wird die Bindung an ein Trägermedium gelöst und die Übertragung auf ein anderes Medium kostengünstig. Die Ouvertüre 1812 zu kennen, ist keine Zeichen der Zugehörigkeit in einen exklusiven Kreis mehr. Die Verlagerung von Kunst und Kultur in den virtuellen Raum verändert den persönlichen Wert. Die meisten Menschen kennen Musik nicht aus Konzerten sondern aus der Konserve. Konzerte werden noch für lange Zeit das höchste Mass an musikalischem Genuss sein, bestimmend ist jedoch schon heute die Nutzung von Musik als Information losgelöst von einem bestimmten Trägermedium.
Im gesellschaftlichen Teilsystem der Bildung war Information in Form von Wissen schon immer ein zentrales Thema. Jedoch hat die Digitalisierung des 20. und 21 Jahrhunderts massive Auswirkungen auf die Zugänglichkeit von Information im Bildungssystem. Auch hier findet eine Verschiebung vom materiellen Buch zur informationellen Datei statt. Das bisherige Sinnbild für Bildung ist das Buch. Es hat sogar eine metaphorischen Aspekt, Schülerinnen und Schüler sind leere Bücher, die es mit Wissen zu füllen gilt. Die verschiedenen Kapitel müssen nach und nach geschrieben und immer wieder mit Prüfungen kontrolliert werden. Am Ende des Bildungsweges steht der Abschluss, der in Form eines Bildungszertifikats das gesammelte Wissen beglaubigt. Dass diese Vorstellung von Bildung Risse bekommen hat, ist offensichtlich, denn der Mensch hört niemals auf zu lernen. Dennoch stellen wir uns Wissen im Form von wertvollen Büchern vor, die in Bibliotheken sorgsam aufbewahrt und nur an wenige Auserwählte ausgeliehen werden dürfen. Der Wert von Büchern ist ihre enthaltenen Information, nicht die Zerbrechlichkeit ihres Einbandes. Vor der Erfindung des Buchdrucks waren Bücher tatsächlich kostbar, weil sie so selten waren. Man spricht heute noch an Universitäten von "Vorlesungen", weil die Bücher zu jener Zeit am Lehrerpult fest gekettet waren und nur vorgelesen werden durften. Obwohl diese Metaphern von Bildung noch wirkmächtig sind, hat sich die Situation grundlegend verändert. Lernen ist heute nicht mehr Memorieren, denn Information ist nicht wertvoll, weil sie selten und zerbrechlich ist, sondern weil es zu viel davon gibt. Die Bildung der Zukunft wird es sein zu lernen, die nützliche Information aus dem Rauschen der Belanglosigkeit herauszufiltern. Die Zeiten von Büchern, die nicht zu bekommen sind, weil vergriffenen oder ausgeliehen, sollte vorbei sein. Bildung ist nicht mehr das materielle Anhäufen von Büchern, sondern die immaterielle Verlinkung, die Fähigkeit Informationen zu verknüpfen und aus einer gigantischen Datenmenge heraus zu destillieren.
Wenn sich der Schwerpunkt unserer Gesellschaft von materiell zu informationell verlagert, dann stellt sich die Frage, ob bisherige Ordnungsmuster noch anwendbar sind. Physikalistische Metaphern sind nicht mehr anwendbar, es müssen neue Erklärungen gesucht werden.

Eigentumanspruch an Information

Die Geschichte des geistigen Eigentumsanspruches ist lang. Schon die Steinzeitmenschen werden sich wegen der Frage, „Wer hat's erfunden?“ die Köpfe eingeschlagen haben. Das Ansehen als erster das Feuer oder die Keule entdeckt oder erfunden zu haben, will individuell beansprucht werden, zumal letztes auch gleich das Werkzeug ist, es durchzusetzen. Eigentum geht also notwendiger Weise mit der Fähigkeit einher anderen die Nutzung des Beanspruchten zu verwehren. Dabei ist davon auszugehen, dass Eigentumsanspruch an materiellen Gütern eine Voraussetzung für das Konzept des geistigen Eigentums ist. Den übrigen Steinzeitmitmenschen die Benutzung des eigenen Faustkeils zu verbieten, ist eine Vorstufe für das Verbot der Feuernutzung. Gemeinschaften ohne ein Verständnis für Eigentum, kennen den Gewinn es Ansehens durch das Erlegen eines Mammuts, aber es hat nicht die Konsequenz einzelne vom Verzehr abzuhalten. Bei Eigentum geht es also immer um die Möglichkeit andere von der Nutzung ausschliessen zu können. Wo es nicht möglich ist, kann nicht von Eigentum gesprochen werden. Übertragen auf Information, bedeutet ein Eigentumsanspruch anderen Wissen vorzuenthalten und exklusiv nutzen zu können.
Nun hat der Mensch seit der Steinzeit doch eine gewisse Entwicklung hinter sich. In Bezug auf den Umgang mit Information können vier Zeitalter unterschieden werden, die prähistorische Zeit der mündlichen Überlieferungen, die historische Zeit der Schriftlichkeit, die Neuzeit des Buchdrucks mit beweglichen Lettern und die Zeit der digitalen Datenverarbeitung. In jedem Zeitalter herrschen andere Regeln und Formen für Information.
In prähistorischer Zeit kann Wissen fast ausschliesslich in der Erinnerung eines Menschen bewahrt werden. Was nicht von Mensch zu Mensch weitergegeben wird, geht verloren. Anderen Menschen Information oder Wissen vorzuenthalten um individuell daraus zu profitieren, hat einen sehr kurzfristigen Nutzen. Die einzige Möglichkeit Informationen zu bewahren, also die mündliche Überlieferung, hat auch zugleich den Verlust des Eigentumsanspruches zur Folge.
Mit der Schriftlichkeit wurde es möglich Informationen jenseits des menschlichen Körpers verlässlich aufzubewahren. Doch war die Herstellung sehr aufwendig und Schriftstücke deswegen sehr kostbar. Der Zugang zu Bibliotheken war beschränkt und alles geschriebene war ein knappes Gut. Auch die Zahl der Menschen, die mit Schriften umgehen konnten, war sehr klein. Die Lesers waren selber zumeist auch Autoren oder Kopisten. Geistiges Eigentum war also ein Geltungsanspruch zwischen Menschen derselben Profession.
Mit der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern wurde Schriftlichkeit einem grossen Teil der Gesellschaft zugänglich. Bücher waren nun nicht mehr exklusiv einer Elite zugänglich. Einer grossen Zahl von LeserInnen stand aber immer noch eine kleine Gruppe von Autoren gegenüber, weil zwar die Reproduktion eines Buches sehr günstig wurde, aber die Herstellung immer noch sehr aufwendig war. Schriftlichkeit wurde für die meisten eine Nebentätigkeit, die sie in ihrem Alltag unterstützt oder unterhält. Nur wenige Menschen hatten die Möglichkeit oder Fähigkeit Autoren zu sein. In diesem Kontext entstand auch der Mythos des originären Genies, des inspirierten Schöpfers. Vor dem Buchdruck kannte jeder Leser die Mühen des Schreibens. Dies wurde entkoppelt. Die kleine Gruppe der Autoren wurde mystifiziert, weil die Mehrzahl der LeserInnen nicht die Möglichkeit hatte zu schreiben oder veröffentlicht zu werden. Der Anspruch auf geistiges Eigentum wurde mit dem Mythos des Genies legitimiert und durch ein Monopol der Reproduktion durchgesetzt. Da die Information an das Trägermedium gebunden war, wurde es zum Gegenstand des geistigen Eigentums. Informationen durften frei genutzt werden, erst das fixieren auf einem anderen Trägermedium wurde zur Verletzung des geistigen Eigentums.
Die digitale Datenverarbeitung senkt wieder die Reproduktionskosten von Schriftlichkeit, indem es die Information von einem bestimmten Trägermedium löst. Kopie und Übertragung sind beinahe kostenlos. Damit steigt nicht nur die Verfügbarkeit von Information, sondern auch die Möglichkeit Informationen herzustellen. Autorenschaft ist nicht mehr einer kleinen Gruppe vorbehalten. Kreative Schöpfung immaterieller Güter wird zu einem Massenphänomen, weil schaffen und veröffentlichen so einfach sind. In der digitalen Zeit produzieren alle Menschen andauernd Informationen. Das erklärt auch die exponentielle Zunahme des Datenbestandes. Die Autorenschaft wird entmystifiziert, die Zeit der einmaligen Genies ist vorbei, nicht weil es keine mehr gäbe, sondern weil es viele gibt und kein Individuum mehr heraussticht. Kooperation tritt an die Stelle der individuellen Leistung. Wo früher das einsame Genie im Elfenbeinturm arbeitete, kooperieren nun Teams, weil die Übertragung von Information so schnell und effizient ist. Damit wird eine Produktivität und Komplexität geistigen Schaffens erreicht, die zuvor gar nicht denkbar war. Der Eigentumsanspruch an Information verliert Legitimität, weil in dieser hochkomplexen Kooperation individuelle Beiträge nicht mehr nachvollziehbar sind. Es sind auch nicht mehr die Individuen, die schöpferisch tätig sind, weil Grossprojekte wie die Entschlüsselung des menschlichen Genoms nicht mehr in der Gesamtheit von einer Individuum erfasst werden können.
Aber das Phänomen der digitalen Zeit, dass Individuen und Kollektive andauern Informationen produzieren, hat auch negative Seiten. Es können zu viele Daten entstehen, sodass der Mensch sich nicht mehr zurecht findet, oder solche, die die Handlungsoptionen einschränken. Eigentumsansprüche an Informationen in der digitalen Zeit bekommen einen neuen Fokus. Statt originäre Schöpfungen wird unter geistigem Eigentum Information verstanden, das die Autonomie und Selbstbestimmung des Individuums schützt. Es betrifft also vor allem Datenschutz.
Die Ansicht, dass die Piratenbewegung die Beseitigung des geistigen Eigentums anstrebt, ist bei dieser Argumentation nicht richtig. Viel mehr wandelt sich das Verständnis, was einem Eigentumsanspruch unterworfen werden kann. Datenschutz auf individueller Ebene setzt eine Form von geistigem Eigentum voraus. Persönliche Daten müssen im Verfügungsrecht der sie betreffenden Person sein und von ihr exklusiv verwaltet werden können, damit von Datenschutz gesprochen werden kann. Wo die Grenzen zwischen den individuellen Verfügungsrechten an persönlichen Daten und dem Informationsrecht der Allgemeinheit liegt, also zwischen Datenschutz und Transparenz, ist eine politische Frage und wahrscheinlich einer der wichtigsten Streitpunkte des 21. Jahrhunderts.

Information als öffentliches Gut

Wenn es bei der Frage nach dem Eigentumsanspruch an Information um die Modalitäten geht, einzelne Menschen von Informationen auszuschliessen, bleibt die Frage, wie der Zugang strukturiert ist. Es liegt nahe Information als öffentliches Gut9 zu betrachten, weil Nicht-Ausschliessbarkeit und Nicht-Rivalität vorliegen. Zwar stimmt es, dass sie besonders in ihrer digitalen Form durch Nutzung nicht an Qualität verliert. Oft gewinnt Information sogar an wert, je weiter sie verbreitet ist. Wann und wo eine Party stattfindet, ist gut zu wissen, und wenn man Spass daran hat viele Menschen zu treffen, dann ist es noch besser, wenn viele Leute erfahren, wann und wo. Andererseits gibt es auch Informationen, die an Wert verlieren, je weiter sie verbreitet sind. Das Geheimnis hat seinen Wert, wenn es nur wenige Leute kennen. Im Gegensatz zu materiallen Gütern ist bei Information die Rivalität nicht trivial.

Mensch

Körperlich ist der Mensch ein Individuum mit Begabungen und Bedürfnissen, geistig ist er Teil eines Netzes von Solidarität und Verantwortung.

Durch das Mass der Vernetzung im digitalen Zeitalter, sowie die schier unendlichen Möglichkeiten des Austausches an Informationen und Meinungen, können sich Ideen immer schneller verbreiten, weiterentwickeln und verändern. Dies geschieht in Kooperation, sodass sie kaum mehr individuell zuordenbar sind. Auch kleine Gedanken stehen auf den Schultern von Giganten.
Der Mensch ist nicht nur ein Individuum. Er ist immer Teil eines Kollektivs. Die geistigen Fähigkeiten sind nicht individuell, weil sie nicht aus dem Nichts entstehen sind. Der Mensch ist ein duales Wesen aus Körper und Geist, welche nach unterschiedlichen Regeln funktionieren. Der Körper lässt sich individuell zuordnen, das ist seine Hand und das ist ihre Hand. Bei Ideen ist diese individuelle Zuordnung schwieriger. Jemand kann den Gedanken fassen, dass ein Sonntagsausflug in den Schnee Spass machen könnte, aber diese Idee besteht aus Teilideen, die nicht originär einer Person zugerechnet werden können. Alles gedachte besteht aus einzelnen Elementen, auch Mem10 genannten, also „Sonntag“, „Ausflug“, „Schnee“, „Spass“ und „machen“. Diese Ausdrücke hatten schon eine Bedeutung, bevor sie in diesem Kontext benutzt wurden. Damit überhaupt verständliche Aussagen gemacht werden können, müssen Begriffe benutzt werden, dessen Bedeutung bekannt ist.11 Das wichtigste und zugleich eines der komplexesten Meme ist „Ich“. „Wir machen einen Sonntagsausflug in den Schnee.“ ist gleicher Weise ein Mem wie „Ich denke also bin ich“12. Das „Ich“ als Subjekt ist nicht von dem gedachten Objekt getrennt. Das „Ich“ ist selber gedacht. Der Mensch ist die Summe seiner Gedanken. Das Memplex „Ich“ besteht aus Memen, deren Urheber man selber nicht ist. Der Mensch hat zwar das Gefühl, dass er sich selber aus dem Nichts geschaffen hat, aber viel mehr ist das Individuum das Produkt seiner Biographie, aller Einflüsse und ganz besonders der prägenden Menschen?
Der Mensch besteht vergleichbar mit einem Computer aus Hardware und Software. Die Hardware ist der menschliche Körper, wo es zwar gleiche Bauteile gibt, aber sie lassen sich doch individuell unterscheiden. Grafikkarten gleichen Modells sind nicht identisch, obwohl sie sich austauschen lassen. Die Hardware ist die Grundlage für das funktionieren des Computers, aber man darf den Computer nicht allein als Hardware betrachten. Die Software ist ebenso von Bedeutung. Aber Programme sind nicht individuell, weil sie nicht den selben Regeln folgen wie physische Dinge. Der Browser der Version 9.0.1 bei einer Anwenderin ist der gleiche wie der Browser der Version 9.0.1 bei einer anderen Anwenderin. Es sind nicht zwei verschiedene Browser. Es macht keinen Sinn von identischer Software im plural zu sprechen. Hardware und Software funktionieren nach unterschiedlichen Regeln. Das "Ich" ist nicht ein drittes Element im Computer neben Hardware und Software. Das "Ich" ist das Betriebssystem, selber Software und unterliegt den selben Regeln. Das Betriebssystem besteht aus Programmen, das Programme abarbeitet. Es ist nicht aus dem Nichts entstanden, sondern es ist eine Entwicklung, in der Code immer wieder überarbeitet und übernommen wurden.
Der Kerngedanke dieser Überlegungen ist, dass der Menschen körperlich das Resultat einer biologischen Evolution und geistig einer memetischen Evolution ist.13 Das Objekte aber auch das Subjekt des Denkens ist das Ergebnis eines langen Prozesses des Informationsaustausches seit die Menschen zu kommunizieren begonnen haben. Dasjenige, was der Mensch subjektiv als sein Bewusstsein erlebe, nimmt er seit dem Zeitpunkt seiner ersten Erinnerung wahr, aber der Entwicklungsprozess geht viel weiter zurück. Viele Elemente des individuellen Bewusstseins und der Identität sind lange vor der Geburt entstanden. Man kann sich daran erinnern, wie man Fahrrad fahren lernte. Man kennt vielleicht auch die Entstehungsgeschichte der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776. Das eine hat man erlebt und das andere nicht. Das eine ist Erinnerung und das andere nur überlieferte Kenntnis. Man könnte meinen ein kategorialer Unterschied. Nur was man erlebt hat, sei wirklich. Aber es unterscheidet sich nicht. Wissen und Erinnerung sind ein und das selbe. Man sagt zwar, „Ich war ein kleiner Junge als ich Fahrrad fahren lernte.“ Das „Ich“ von damals unterscheidet sich stark von dem „Ich“ von heute. Wissen, Persönlichkeit, Verhalten, Selbstbewusstsein usw. haben sich seit der Kindheit verändert. Es kann nicht wirklich vom gleichen „Ich“ gesprochen werden.
Wenn von Identität gesprochen wird, dann ist es einfacher es als Teil der Körperlichkeit zu verstehen. „Ich bin mein Körper, ich ist körperlich.“ Aber dann wird der Fehlschluss gemacht, dass zwischen Objekt und Subjekt des Denkens unterscheiden wird. Auf der einen Seite ist der Denker und auf der anderen Seite ist die Idee, die gedacht wird. Das Subjekt verfügt über Ideen, gibt sie an andere Subjekte weiter. Man kommt zum Schluss, dass der Mensch über die Fähigkeit verfügt Informationen auszutauschen. Diese kann eingesetzt werden, aber muss nicht. Das ist der Fehlschluss, der Mensch wird auf seine Körperlichkeit reduziert. Der Mensch unter dem memetischen Aspekt verfügt nicht über die Fähigkeit Informationen auszutauschen, der Mensch IST Informationsaustausch. Sich auszutauschen ist das Wesen des Menschseins, weil er selber Information ist. Körperlich ist es möglich eine Handlung zu unterlassen, aber das lässt sich nicht auf den memetischen Aspekt des Menschen übertragen. Es ist dem Menschen unmöglich nicht zu kommunizieren, genau so man nicht wahrnehmen kann nicht zu denken.

Freiheit

Freiheit ist ganz sicher ein Zentralbegriff der Piratenbewegung, aber er ist auch sehr problematisch. Das Universum ist durch zwei Wirkprinzipien definiert, Kausalität und Zufall.14 Aus keinem der beiden lässt sich Willensfreiheit ableiten. Der freie Wille ist eine Illusion.15 Die objektive Freiheit gibt es nicht. Es bleibt nur das subjektive Gefühl der Freiheit bzw. Unfreiheit, das aber um so wichtiger ist. Der Mensch braucht das Gefühl der Freiheit, strebt danach sich der Unfreiheit zu entledigen. Nun gibt es zwei Möglichkeiten dieses Bedürfnis zu befriedigen, Manipulation und Einsicht. Wird der Mensch manipuliert, so verliert er die Fähigkeit eine eigene Unfreiheit wahrzunehmen. Oberflächlich betrachtet ist der Mensch dann zufrieden, jedoch fehlt ihm das Verständnis für die eigene Unmündigkeit. Die alternative ist die Einsicht in die Notwendigkeit. Wenn eine Einschränkung der Freiheit als Notwendig erkannt und akzeptiert wird, dann ist es keine Einschränkung, weil nicht dem Willen im Weg steht. Im Politischen ist die Einsicht in die Notwendigkeit eines Sachverhalts oft das Ergebnis von Beschlüssen. In einem demokratischen System gilt der Mehrheitsentscheid und die Minderheit muss den Beschluss als Notwendig akzeptieren.16 Dennoch spricht man nicht von Tyrannei der Mehrheit, wenn rechtsstaatliche Prinzipien bei der Beschlussfassung Anwendung fanden. Minderheiten oder Einzelnen wird politische Teilhabe gegeben. Auch wenn sie überstimmt werden, so haben sie die Möglichkeit ihre Sicht während des Beschlussfassungsprozesses einzubringen. Sich einem demokratischen Beschluss zu beugen, was nichts anderes ist als Einsicht in die Notwendigkeit eines Sachverhaltes, ist keine Einschränkung der Freiheit, weil man am Beschlussfassungsprozess beteiligt war. Die Legitimität ist gegeben, weil man sich Gesetzten unterwirft, an deren Ausarbeitung man prinzipiell beteiligt war.
Im Verständnis der Piratenbewegung ist Freiheit kein maximieren der Handlungsoptionen. Es ist in erster Linie politische Teilhabe, die jedoch ein transparentes Gemeinwesen voraussetzt, damit in Kenntnis der öffentlichen Angelegenheiten eine Meinungsbildung möglich ist. Der Mensch ist subjektiv frei, wenn er Zugang zu allen ihn betreffenden Informationen hat, gleichberechtigt am politischen Prozess teilnehmen kann und Beschlüssen in Form von allgemeinverbindlichen Gesetzen unterworfen ist.

Moral

Eine moralische Überzeugung kann zunächst heteronom begründet werden. Ein Gott oder das Naturrecht gibt gewisse Normen vor, die jenseits menschlichen Verständnisses sind. Im Falle Gottes sind sie heilig und bei Naturrecht einfach wahr. Eine autonome Begründungen für moralische Überzeugungen ist der Rechtspositivismus, wobei gilt, worauf man sich einigt.17 Beides für sich ist problematisch. Heteronome Begründungen sind nicht verlässlich, weil sie sich auf ein nicht weiter begründbare Annahme stützen. Die Begründung hängt gleichsam in der Luft. Bei autonomer Herleitung von moralischen Überzeugungen wird ein Konsens aller Beteiligten gesucht, was grosse Fairness garantiert, weil niemandem etwas aufgezwungen wird. Aber ein Fehlentscheid kann nicht ausgeschlossen werden, denn Konsens bedeutet, dass man sich einig ist, nicht das es richtig ist.
Die schwache Bindungsthese versucht heteronome und autonome Begründung zu verbinden. Man einigt sich auf einen gemeinsamen Konsens (autonom) aber tut so, als ob es naturrechtlich begründet wäre (heteronom). In der Praxis ist das oft an gegensätzlichen Anforderungen feststellbar. Eine Verfassung macht den Eindruck nachhaltiger Gültigkeit und ist dennoch veränderbar.18 Die Universalität der Menschenrechte kommt mit ihrer Begründung im Wesen des Menschen naturrechtlich daher, obwohl es doch offensichtlich ein Kompromiss aller beteiligter Staaten war. Eine effektive Bindung funktioniert nur, wenn grundsätzlich eine kritische Haltung eingenommen wird. Es gilt Überzeugungen immer wieder zu prüfen, denn die Grundannahme ist falsch zu liegen, einen Fehler gemacht zu haben oder Unrecht gegangen zu haben.

Gesellschaft

Menschen bilden eine Gesellschaft um insgesamt die Existenzangst des Einzelnen zu reduzieren.

Wenn der Mensch das physische Individuum ist, dann ist die Gesellschaft ein Kommunikationsnetz. Wie schon dargelegt ist der Mensch auf den Austausch mit anderen Menschen angewiesen. Kommunikation ist sein Wesensmerkmal, weshalb es für ihn unmöglich ist nicht zu kommunizieren. Die Ursache für Vergesellschaftung, also die Bildung eines Kollektivs, ist der gegenseitige Schutz. Die Herde gibt Sicherheit. Aber da hier von der Gesellschaft als Kommunikationsnetz und nicht als kollektiv von Menschen gesprochen wird, ist der Fokus auf den Austausch von Information gesetzt. Die Herde rückt zusammen, um sich gegenseitig wahrzunehmen und sich das Gefühl der Sicherheit zu geben. Gesellschaft unter dem Blickwinkel der Kommunikation dient mehr der Reduktion der Existenzangst als der tatsächlichen Begegnung von Gefahren, weil mehr gesprochen als getan wird.19
Der Zusammenhalt einer Gesellschaft ist ihre Solidarität, die Bereitschaft für andere Opfer zu bringen. Diese ist aber immer nur so stark wie der Austausch der Information und die Fähigkeit zur Integration. Die gegenseitig Wahrnehmung schafft die Voraussetzung für Solidarität. Wenn die Not des anderen nicht gesehen wird, gibt es keine Solidarität.

Kommunikationsausschluss als Diskriminierung

Wenn Teile von Gesellschaften aufhören sich auszutauschen, entstehen Subnetze oder Parallelgesellschaften. Die Solidarität ist unterbrochen, weil die Situation des anderen nicht mehr wahrgenommen werden kann. Wo kein Austausch ist, gibt es auch keinen Konsens und die Interessen divergieren weiter. Das ist ein Grundproblem von Netzversagen. Während Kommunikationsnetze grundsätzlich die Eigenschaft haben, sich bei Gebrauch zu verstärken, besteht die Gefahr bei zu geringem Aktivitätsniveau, dass überbrückende Verbindungen verloren gehen und ein Netz in Subnetze zerfällt. Es braucht also eine gleichmässige Kommunikationsaktivität, oder zumindest keine allzu grossen Unterschiede, damit die Integrität erhalten bleibt.
Oft wird die Zugehörigkeit zu einer Gruppe über zugeschriebene Merkmale definiert. Das sind Eigenschaften, die nicht der Kontrolle eines Individuums unterliegen, z.B. Hautfarbe, Nationalität oder Ethnie. Solche Kategorien liegen im Widerspruch zur subjektiven Freiheit des Menschen. Auf Grund der Ethnie wird politische Teilhabe verweigert und damit das Recht auf Informationsaustausch. Ein Wesensmerkmal des Menschen, sich an Kommunikation zu beteiligen, wird auf Grund von Eigenschaften ausgeschlossen, die nicht vom betreffenden Individuum beeinflussbar ist.

Von Konsumenten zu Nutzern

Jede Gesellschaft ist durch Typen der Arbeitsteilung charakterisiert, die sich im Laufe der Zivilisationsentwicklung wandeln.20 Die Jäger und Sammlerinnen werden mit der neolithischen Revolution zu Ackerbauer und Viehzüchtern. Viel Entwicklung und einige Revolutionen später ist in der Gegenwart ein weiterer tiefgreifender Wandel im Gange. Es ist die informationellen oder digitalen Revolution. Wie im Kapitel Information beschreiben, geht es in erster Linie um die Loslösung von Information von ihrem Trägermedium und der daraus sich Ergebenden Effizienz beim kopieren und übertragen. Dies hat natürlich auch auf die Arbeitsteilung einen grossen Einfluss. In der vordigitalen Zeit standen wenige Sender einem grossen Publikum gegenüber. Die Aufgaben waren in wenige Produzenten und viele Konsumenten aufgeteilt, wobei diese Rollenverteilung je nach Zugänglichkeit der Sender unterschiedliche stark ausgeprägt war. Mit der Digitalisierung und dem Supermedium Internet wandelte sich ein Kultur konsumierendes Publikum zu einem Kultur nutzenden Publikum.21 Sender und Empfänger sind identisch. Information wird nicht mehr konsumiert, da sie digital, im Gegensatz zu analogen Trägermedien, mit dem Gebrauch nicht mehr an Qualität verliert. Der Nutzer schöpft die Möglichkeiten des digitalen Formates aus, kopieren, bearbeiten und übertragen ist sehr kostengünstig und effizient. Aus Produzenten und Konsumenten werden Nutzer.

Natur-Kultur

Der Mensch kann ökologische Herausforderungen nur mit Kulturtechniken angehen.

Ob Natur und Kultur Gegensätze sind, ist eine umstrittene Frage. Menschliches Schaffen darf nicht ausschliesslich als Zerstörung von Natürlichkeit verstanden werden. Der Menschen kann nicht anders als mit besten Absichten in die Natur einzugreifen und seine Kulturtechnik nutzen. Die Umwelt wird transformiert, nicht immer nachhaltig und zum Besten, aber das menschliche Schaffen unterscheidet sich nur graduell von den „Techniken“ der Ameisen, die ebenfalls ihre Umgebung ihren Bedürfnissen anpassen. Aber es ist nicht nur der Mensch, der mittels Technik die Umwelt beeinflusst. Technische Entwicklung hat auch Auswirkungen auf das Denken und Verhalten von Menschen.22
„Technik“ ist nicht nur der Einsatz von Maschinen, sondern auch: Erfahrung, Fertigkeit, Geübtheit, Gewandtheit, Know-how, Praxis, Routine, Übung, Vertrautheit, Arbeitsweise, Art, Berechnung, Diplomatie, Handhabung, Kalkül, Methode, Plan, Politik, Praktik, Praxis, Strategie, System, Verfahren, Vorgehen, Vorgehensweise, Raffinesse, Ausrüstung, Handwerkszeug, Material, Outfit, Rüstzeug, Staffierung, Werkzeug, Hightech, Technologie etc.
Nun könnte man sagen, dass es bedeutungslos ist, weil eigentlich alles was der Mensch tut dann Technik ist. In einem gewissen Sinne ist das korrekt. Der Mensch kann nicht anders als Technik einsetzten, sofern das im Zusammenhang mit seinen geistigen Fähigkeiten geschieht. Einzige Möglichkeit auf Technik zu verzichten, wäre ein Projekt der Deevolution. Wir schaffen Reservate, in denen unsere genetisch manipulierten Nachkommen ohne höhere geistige Fähigkeiten leben können. Aber um diese Scifi-Dystopy zu erreichen, müsste man auch Technik nutzen.

Technik als zweite Natur des Menschen

Der Mensch ist ein evolutionär in der Natur entstandenes Wesen, das geistige Fähigkeiten und damit Technik zur Bewältigung seiner Lebenssituation hervorgebracht hat. Technik ist die zweite Natur des Menschen. Wenn wir den Menschen mechanisch-biologisch betrachten, dann sind alle Fähigkeiten durchschnitt bis unter-durchschnitt. Andere Lebensformen können schneller laufen, höher springen, besser sehen, weiter pinkeln, schneller wachsen, effizienter Energie nutzen, etc. Nur mit einer einzigen Fähigkeit sticht der Mensch alle anderen Lebensformen auf dieser Welt aus, Einsatz von Technik. Und das in einem so gigantischen Ausmass und einer Überlegenheit, dass es unsere eigene Existenz bedroht. Das herausragendste Merkmal unserer menschlichen Existenz trägt in sich den Samen der Vernichtung.

Natur ist Dynamik

Eine weitere Einsicht ist vielleicht von zentraler Bedeutung und ein wichtiger Unterschied zu allen politischen Gruppen grüner Färbung. Die Natur ist kein Gleichgewicht, sondern Dynamik. Es gibt kein natürliches Recht auf überleben und es ist nicht unwahrscheinlich, sondern viel mehr wahrscheinlich, dass die Spezies Mensch, wie wir sie kennen, irgendwann verschwinden wird. Die natürlicher Trieb zur Selbsterhaltung, individuell wie kollektiv, ist kein Garant für das überleben. Der Mensch ist zwar um Nachhaltigkeit bemüht, doch kann er scheitern. Am wahrscheinlichsten ist ein Niedergang der Zivilisation, ein zweites Mittelalter wie es in vielen postapokalyptischen Dystopien beschrieben wird. Von geringer Wahrscheinlichkeit ist das verschwinden der menschlichen Spezies, denn irgendwo in einem Bunker können sich Menschen immer verkriechen und sich zu Morlok und Eloi entwickeln. Sehr unwahrscheinlich ist es, dass alles Leben dieses Planeten mit in die Vernichtung gerissen wird.
Nachhaltigkeit ist aus dieser Perspektive ein dynamisches Gleichgewicht. Technik ist ein Element dieser Dynamik aus Natur, Mensch und Kultur. Die Entwicklung lässt sich kaum steuern und nicht aufhalten.

Rationalität

Politisches Handeln beruht auf rationalen Argumentation welche aus wissenschaftlicher Methodik und rationaler Kommunikation besteht.

Ausgehend von den Idealen der Aufklärung herrscht ein Selbstverständnis der Rationalität und kritischen Selbstreflektion. Der politische Diskurs muss auf rationalen Argumenten basieren, damit Verständigung möglich ist. Die Politik ist keine Sammlung letztgültigen Wissens, sondern ein fortwährender Prozess der offenen Kommunikation. Dem liegt der ideale Diskurs zugrunde, in dem jeder Teilnehmer gleiche Chancen auf Dialoginitiation und Dialogbeteiligung, gleiche Chancen der Deutungs- und Argumentationsqualität, Herrschaftsfreiheit, sowie keine Täuschung der Sprechintentionen hat.23

Veränderung

Die Welt ist in steter Veränderung, es gilt zukünftige Veränderungen zu antizipieren.

Alles verändert sich, nichts ist von Dauer. Die Gesellschaft wird immer schnelllebiger. Der Mensch muss sich der Vergänglichkeit seines Schaffens bewusst sein. Die Einsicht in die stete Veränderung bedeutet, dass es keine politische Überzeugung mit universellem Anspruch geben kann. Kein Gesetz, kein Gebäude, kein Kunstwerk und keine Idee kann für die Ewigkeit geschaffen sein.
Unsere Zivilisation wird immer schnelllebiger. Die verschiedene Zyklen in fast alle Bereiche unsere Gesellschaft werden immer kurzer und die Ordnung verlieren immer schneller an Kraft. Das stellt unsere Politik vor ein Problem. Viele Gesetze und Verordnungen sind meist schon veraltet bevor sie in Kraft treten, weil die politischen Prozesse an eine gesellschaftliche Situation angepasst sind, die schon längst vergangen ist. Es gilt diese Prozesse zu modernisieren damit die Politik in der Lage ist, Regelungen zum richtige Zeitpunkt zu erlassen.
Eine zusätzliche Herausforderung ist es, den Wortlaut der Gesetze so zu gestalten, dass sie konzeptionell und Visionär wirken und nicht in absoluten Massnahmen versanden.

Effizienz

Fortschritt ist das Steigern der Effizienz in Zusammenhang mit Qualität.

Die Frage nach der Effizienz beschäftigt sich mit der Entwicklungsform aller Teilbereiche der Gesellschaft. Eine langfristige effiziente Nutzung von Ressourcen, geringer Energieverbrauch, optimierte Produktionsverfahren und eine gesteigerte Qualität sind Faktoren, welche den Fortschritt ausmachen. In Abgrenzung zur Maxime des Wachstums, wird in der Effizienzsteigerung und Verbesserungen von Produkten und Dienstleistungen der (qualitative) Fortschritt gesehen.

Widersprüchlichkeit

Jedes hinreichend mächtige formale System ist entweder widersprüchlich oder unvollständig.24

Es ist ein Wesensmerkmal des Menschen sich und die Welt widerspruchsfrei erklären zu wollen. Aber Anspruch und Wahrnehmung klaffen auseinander, weder das Universum noch der Mensch selber sind widerspruchsfrei. Es gibt nicht die eine politische Wahrheit, die alle übrigen Meinungen widerlegen kann, im Gegenteil es gibt nur viele Ansichten, die sich gegenseitig ausschliessen, aber dennoch ihre subjektive Wahrheit haben. Die Grundlagen der Piratenbewegung sind nicht ideologisch, weil sie explizit keinen universellen Anspruch erheben. Zwei sich widersprechende Ansichten können beide wahr sein, weil es keine singuläre Wahrheit gibt, sondern nur Wahrheiten mit beschränkter Reichweite.

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