Ein wichtiges Dokument, welches zwar offiziell nicht an die ACTA gebunden ist, aber dessen Standpunkte in die Verhandlungen mit einfliessen, ist das Canada-EU Comprehensive Economic and Trade Agreement, kurz CETA genannt. Ein Entwurf ist nun bei Wikileaks1 zu finden.
Ziel dieses Abkommens soll es unter anderem sein, bereits bestehende internationale Vereinbarungen wie das TRIPS-Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) zu ergänzen und zu verschärfen.
Speziell angesprochen werden unter anderem Massnahmen bei der Grenzkontrolle zur Beschlagnahmung von Fälschungen, Schadensersatzansprüche und Haftungsfragen. Im Grossen und Ganzen hält sich der Entwurf an die E-Commerce-Richtlinien der EU, welche den Providern keine allgemeine Kontrollpflicht über die transportierten Daten auferlegen. Trozdem sollen Rechtsinhaber den Providern Verpflichtungen aufstellen dürfen, wie zum Beispiel, dass beim Feststellen von illegalen Aktivitäten diese unverzüglich den zuständigen Behörden zu melden seien. Somit kann man darauf schliessen, dass ein anlassloses Überwachen der Internetaktivitäten der Nutzer für die Erfüllung der aufgestellten Verpflichtungen nötig sein würde. Für Rundfunksender und andere Inhalteanbieter - etwa übers Internet - stellt der Text zudem als Bedingung für die Erlaubnis einer kurzzeitigen Vervielfältigung und Reproduktion eines geschützten Werkes, dass es sich um eine "rechtmäßige Nutzung" des entsprechenden Inhalts handeln müsse. Wikileaks sieht dort das Problem, dass dadurch Content-Hostern eine Überwachungpflicht aufgedrückt würde, welche sie zu Hilfspolizisten machen würde. Für die Verwertungsgesellschaften ist die Möglichkeit einer rigorosen Durchstzung der Rechte an immateriellen Gütern sehr willkommen. Doch wie sieht das für den einfachen Internetbenuzer aus? Einen Unterschied zwischen rechtswidriger kommerzieller oder privater Nutzung macht der Entwurf nicht. Für entsprechende Unterlassungserklärungen werden auch Dritte - wie zum Beispiel Provider - herangezogen, deren Dienste zum Aufklären von Verstössen (etwa gegen das Urheberrecht) genutzt werden. Als Sanktionen sieht das Papier die Beschlagnahmung von Gütern oder Hilfsgeräten oder das Einfrieren von Konten vor. Das Problem hier ist, dass dies dazu benutzt werden könnte, in böswilliger, geschäftsschädigender Absicht Providern zu schaden, indem man urheberechtlich geschützte Werke auf ihren Seiten veröffentlicht, um ihnen so eine dieser Sanktionen aufzuhalsen. Das Problem besteht bereits in den USA.
Schadensersatzansprüche sollen laut dem Entwurf daran bemessen werden, wie hoch die Summe gewesen wäre, welche ein Nutzer für die rechtmässige Nutzung eines Werkes hätte zahlen müssen. Zu möglichen Strafvorschriften zur Durchsetzung der Rechte an immateriellen Gütern wird im Entwurf, welcher Ende September heraus kam, nichts Genaueres ausgeführt.
Hintergründe:
Der Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen der EU und Kanada beläuft sich gegenwärtig auf rund 70 Milliarden Euro jährlich. Kanada führt in die EU u. a. chemische Erzeugnisse, Transportausrüstung, Metalle, Mineralien, Maschinen, Papiererzeugnisse und Lebensmittel aus. Die EU exportiert hauptsächlich Maschinen und Anlagen, chemische Erzeugnisse, Fahrzeuge und Fahrzeugteile, Transportausrüstung, Erdöl, Getränke und verarbeitete Lebensmittel nach Kanada. Zu den wichtigsten Kategorien des Dienstleistungsverkehrs zwischen der EU und Kanada gehören Transportdienstleistungen, Reiseverkehrsdienste und Unternehmensdienstleistungen. Die EU ist Kanadas zweitwichtigste Quelle für Auslandsinvestitionen. 2007 lagen die Direktinvestitionen der EU in Kanada bei 160 Milliarden Euro, kanadische Investitionen beliefen sich hingegen auf 108 Milliarden Euro. Damit ist Kanada der viertgrößte ausländische Investor in der EU.
Durch das Abkommen sollen möglichst viele neue Möglichkeiten für das Wirtschaftswachstum in Europa und Kanada geschaffen werden. Nach einer gemeinsamen Vorstudie [2] dürften beide Seiten von einem umfassenden Abkommen in den Bereichen: Waren- und Dienstleistungsverkehr, Investitionen, öffentliches Auftragswesen, Schutz und Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sowie Verpflichtungen im Rahmen der sozialen und ökologischen Aspekte des Handels und einer nachhaltigen Entwicklung profitieren. Die Mitgliedstaaten der EU unterstützen uneingeschränkt den Abschluss eines ehrgeizigen bilateralen Abkommens mit Kanada und auf der Ebene der EU wird die Unterstützung des Verhandlungsprozesses durch die kanadischen Provinzregierungen begrüßt.
Durch die Verhandlungen dieses umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommen erhofft man sich einen zusätzlichen Schub von bis zu 20 Milliarden Euro jährlich für beide Volkswirtschaften.
[Bearbeiten] Quellen
? Wikileaks: Canada-EU Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) Intellectual Property chapter, 22 Sep 2009
? Studie: [1]