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Leitfaden zur sprachlichen Gleichbehandlung in Dokumenten der Piratenpartei

Schweiz

Dieser Leitfaden bietet Lösungen an,  um eine geschlechtergerechte Sprache innerhalb der Piratenpartei zu implementieren. Die Anregungen sollen den Piraten helfen, Texte geschlechtsneutral zu verfassen und damit Gleichstellung in ihren Publikationen zu verwirklichen.

1. Grundsatz

Die Piratenpartei anerkennt, dass die Gesellschaft aus männlichen und weiblichen Individuen besteht und möchte dem im sprachlichen Gebrauch angemessen Rechnung tragen. Das generische Maskulinum schliesst Frauen aus, indem es ihre Präsenz verschweigt – Frauen sind mitgemeint, werden aber nicht explizit angesprochen. Dies führt dazu, dass Frauen in geringerem Masse angesprochen sind als Männer und sich weniger mit dem Gesagten identifizieren1. Mit einer geschlechtergerechten Sprache möchte die Piratenpartei dazu beitragen, dass Frauen explizit angesprochen und auch sprachlich sichtbar gemacht werden.

2. Argumentation

Geschlechtergerechte Sprache ist ein Anliegen der Piratenpartei, das sich in der Relevanz der Sprache in der heutigen Gesellschaft begründet. Die meiste Kommunikation findet durch Sprache statt – deshalb ist es wichtig, sie akkurat zu gebrauchen.

„Sprache spiegelt gesellschaftliche Realität und damit auch Machtverhältnisse wieder. Sprache ist das Vehikel, mit dessen Hilfe wir uns der Realität bewusst werden und uns mit ihr auseinandersetzen. Deshalb müssen wir uns auch im Klaren sein, dass Sprache diese Realität interpretiert, modifiziert, verfälscht, jedenfalls verändert.” [2]

Unter dieser Voraussetzung, wird der Gebrauch einer geschlechtergerechten Sprache selbstverständlich: Um die Gleichstellung beider Geschlechter zu erreichen, müssen wir Gerechtigkeit bereits mit unserer Sprache schaffen.

„Wenn Sprache Wirklichkeit einerseits abbildet und andererseits konstruiert, kann die Forderung nach geschlechtergerechter Sprache, sofern man sich grundsätzlich zur Geschlechtergerechtigkeit bekennt, nicht abgelehnt werden. Weder reicht die gesetzliche Gleichstellung von Frauen und Männern zur sofortigen Umsetzung einer realen Gleichstellung aus, noch verhindert geschlechtergerechte Sprache die reale Gleichstellung, indem sie Idealverhältnisse vorspiegelt.” [3]

Wird das generische Maskulinum verwendet, führt dies zu Unklarheiten. Wann sind Frauen mitgemeint, wann sind nur Männer gemeint? Sowie Asymmetrien, wenn sie Männer betreffen, durch konkrete Begriffe ergänzt werden, sollen asymmetrische Formulierungen auch bezüglich Frauen vermieden werden [4]. Abschliessend bleibt zu sagen:

„Geschlechtergerechte Sprache heisst in unserer Sprache die Sichtbarmachung von Frauen, um es auf den Punkt zu bringen. Nachdem wir die Bedeutung der Sprachspiele mittlerweile kennen, kann geschlechtergerechte Sprache nicht mehr als Sprachspielerei abgetan werden. Wenn wir eine geschlechtergerechte Wirklichkeit wollen, müssen wir uns im Sprechen über diese Wirklichkeit einer geschlechtergerechten Sprache bedienen.“ [5]

3. Möglichkeiten einer geschlechtergerechten Ausdrucksweise

Wichtig ist, dass man sich bereits bei der Konzeption eines Textes bewusst ist, dass man beiden Geschlechtern sprachlich gerecht wird. Werden verschiedene Formulierungen ihrem Anwendungsbereich entsprechend eingesetzt, entsteht ein stilistisch sicherer, leicht lesbarer Text.

A) Der Begriff “Pirat” und verwandte Wörter

Es existieren mit dem Plural “Piraten”, der “Piratenversammlung” und anderen Wörtern schon viele etablierte Begriffe, welche bei einer Aufspaltung von “Pirat” zu “Piratin und Pirat” anzupassen wären. Um dies zu vermeiden, wird der Begriff “Pirat” im politischen Kontext als geschlechtsneutral definiert. Von anderen Piratenparteien im deutschsprachigen Raum wird der Begriff “Pirat” auch bereits sowohl für männliche wie auch weibliche Personen verwendet [6].

A) Paarformen

Sollen in einem Text beide Geschlechter sichtbar gemacht werden, verwendet man Paarformen. Zwei Varianten sind möglich – die Voll- und die Kurzform.

Vollformen: Es entspricht dem Sprachgebrauch, wenn die Paarformen vollständig ausformuliert werden. Solche Formen werden hauptsächlich in fortlaufenden Texten verwendet:

  1. Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  2. Die Sekretärin oder der Sekretär
  3. Die Vertreterinnen und Vertreter
  4. Eine Studentin oder einen Studenten

Werden Vollformen verwendet, entspricht der Sprachgebrauch der Realität; Frauen und Männer werden in dem Masse erwähnt, indem sie gemeint sind. Die Reihenfolge der Nennung spielt hierbei keine Rolle; soll die Präsenz von Frauen unterstrichen werden, wird die feminine Form vorangestellt.

Kurzformen: Kurzformen sind Abkürzungen. Mithilfe grafischer Zeichen werden Paarformen verkürzt. Solche Kurzformen sind für verknappte Texte wie Formulare oder für informelle Texte verwendbar. Sie sollen dazu dienen, auch auf beschränktem Platz eine geschlechtergerechte Sprache umzusetzen. Eine Einklammerung sollte nicht verwendet werden. Folgende Varianten sind möglich:

  1. der/die Sänger/in                         die Sänger/Innen
  2. der oder die SängerIn                  die SängerInnen
  3. (der/die Sänger,-in                      die Sänger,-innen)
  4. (der/ die Sänger/-in                     die Sänger/-innen)
  5. der_die Sänger_in                       die Sänger_innen

Die Piratenpartei bevorzugt die 2. Version, welche in einem Text als einheitliche Form verwendet werden soll. Wichtig ist, dass korrekte Formen verwendet werden, d.h. dass bei Weglassung der grafischen Zeichen ein grammatikalisch richtiges Wort stehen bleibt.

B) Geschlechtsneutrale und geschlechtsabstrakte Ausdrücke

Substantivierte Adjektive und substantivierte Partizipien in der Pluralform sind geschlechtsneutral:

  1. die Jugendlichen
  2. die Studierenden
  3. die Immatrikulierten

In der Singularform sind sie jedoch nicht geschlechtsneutral:

  1. der oder die Jugendliche
  2. der oder die Studierende
  3. der oder die Immatrikulierte

Geschlechtsabstrakte Ausdrücke sind solche, die keinen Bezug zum Geschlecht aufweisen:

  1. das Mitglied
  2. der Mensch
  3. die Person

Ausserdem können Zusammensetzungen mit der Endung „–kraft“ Begriffe geschlechtsabstrakt gestalten:

  1. die Hilfskraft
  2. die Arbeitskraft
  3. die Bürokraft

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus Institutions- und Kollektivbezeichnungen:

  1. die Belegschaft
  2. die Verwaltung
  3. das Ratsbüro
  4. der Rat
  5. das Gremium
  6. der Vorstand
  7. die Legislative

C) Umformulierungen

Mit Umformulierungen lassen sich komplizierte Formulierungen umgehen, indem Personenbezeichnungen weggelassen werden.

  1. Unpersönliche Pronomen: „wer“, in bestimmten Fällen auch „alle“, „diejenigen“, „jene“, „man“: anstelle von „Ein Besucher muss sich ausweisen können“: „Wer das Bundeshaus besuchen will, muss sich ausweisen können.“
  2. Direkte Anrede: anstelle von „Die Forumsbenutzer sollen Spam-Postings unterlassen.“: „Bitte unterlasse Spam-Postings im Forum.“
  3. Umschreibungen mit Infinitiv: anstelle von „Teilnehmer haben ein Anmelde-Formular auszufüllen“: „Bitte Anmelde-Formular ausfüllen“
  4. Umschreibungen mit Passivformen: anstelle von „Jeder Bewohner zahlt die Gebühren zum Jahresbeginn“: „Die Gebühren werden zum Jahresbeginn bezahlt“

<hr />

[1] http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/psy_0003_5033_2005 _num_105_2_29694

[2] Gender Mainstreaming – Die Bedeutung von Sprache. Dr. Gabriela Schroffenegger. Sammlung von Beiträgen zu Gender Mainstreaming in der Transnationalen EQUAL- Partnerschaft “New Chance”, 2007. S. 1.

[3] Ebd. S. 2.

[4] Vgl: Die Krankenschwester/ der Krankenpfleger.

[5] Gender Mainstreaming – Die Bedeutung von Sprache. Dr. Gabriela Schroffenegger. Sammlung von Beiträgen zu Gender Mainstreaming in der Transnationalen EQUAL- Partnerschaft “New Chance”, 2007. S. 2.

[6] http://www.ich-bin-pirat.de/

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